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Eine Nachhaltigkeitsstrategie haben wir nicht in unserer Firma. Ein Nachhaltigkeitsmanagement? Nachhaltigkeits-Controlling? Nein, nein. Wir haben eine gescheite Strategie, so einfach ist das. Und weil es so einfach ist, macht es auch richtig Spass.

Wir haben seit 1994 ein Qualitätsmanagementsystem und seit 1996 ein Umweltmanagementsystem, da waren wir wirklich Pioniere. Wir haben nicht einfach ein Umweltkapitel hinten an das Qualitätshandbuch angehängt, sondern in jedem beschriebenen Prozess geschaut, was es für die Umwelt zusätzlich braucht. Das allermeiste hatten wir bereits bei der Qualität berücksichtigt. Das neue Handbuch war nur drei Seiten länger als das alte. Darum sagen wir laut und deutlich und auch ziemlich stolz: Wir haben kein Nachhaltigkeitsmanagement, wir haben einfach eine verdammt gut geführte Firma.

Eigentlich wollen ja alle Unternehmer*innen eine gut aufgestellte Firma, die ihre Verantwortung wahrnimmt. Aber viele sagen, diese ganze Nachhaltigkeit on top sei ein Riesenaufwand. Nein, es ist gar nicht schlimm, sage ich denen. Wenn man vom Anfang eines Projekts an alle Ziele denkt, definiert man die Prozesse fast von selbst richtig. Jeder in der Firma kennt die Vorgaben, alles ist einleuchtend, verständlich. Wir behalten die Ruhe im sowieso schon stressigen Baubetrieb. Dadurch entstehen weniger Fehler und damit weniger Kosten. Nachhaltigkeit auf diese Weise zu betreiben ist unglaublich cool, eben weil es so einfach ist.

Ich erzähle ein konkretes Beispiel: Wir hatten eine sehr grosse Baustelle beim Bahnhof Altstetten. Unsere Leute pendelten morgens und abends stressfrei mit dem Zug und das Material haben wir Stau-frei im Laufe des Vormittags angeliefert. Das war ökologischer, weil wir weniger Strecken mit den Autos fuhren, und billiger, weil weniger Arbeitszeit für den Weg verloren ging.

Ein anderes Beispiel: Auf grossen Baustellen arbeitet auch Temporär-Personal. Unsere Lehrlinge haben uns gemeldet, dass die Temporären ganz schlecht essen, einfach ein paar süsse Riegel für die Kalorien, um Geld zu sparen. Wir haben für die ganze Belegschaft ein Catering organisiert. Den Temporären haben wir gesagt, sie sollen 15 Minuten länger arbeiten und wir verpflegen sie dafür rundum. Sie fanden das eine grossartige Idee. Wahrscheinlich auch dank der besseren Verpflegung haben alle spürbar einen Zacken zugelegt bei der Arbeit.

Ich bin ja ein einfacher Klempner, aber ich durfte regelmässig bei den gescheiten Leuten an der Universität über unsere Philosophie berichten. Da meldete sich einer und sagte: ihre Firma müsste ja längst pleite sein, ihr bezahlt freiwillig zu viel Lohn und macht alle zwei Wochen Weiterbildung und noch mehr solche Sachen, das kann ja auf Dauer nicht rentieren.

Nein, mein Herr, im Gegenteil: Bei uns arbeiten die am besten ausgebildeten Fachkräfte, sie sind hochmotiviert und geben ihr Fachwissen untereinander weiter, sie sind weniger lang krank als der Durchschnitt, wir haben weniger Fluktuation und so weiter. Grosszügig sein ist eine Cash Cow, mein Herr!

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