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Die Tradition kommt von Omama Schüfeli, der Mutter einer guten Freundin. Zweimal pro Jahr gab es in der Bauernfamilie Fasnachtschüechli: zur Fasnacht und zum Geburtstag des Vaters. Omama Schüfeli hatte eine neue Methode entdeckt: Anstatt den Teig langzuziehen, faltete sie ihn mehrmals und glättete ihn mit dem Wallholz. So wurde das Gebäck hauchdünn und zart. Pro Tag durften alle ein Fasnachtschüechli essen, der Vater zwei.

Als meine Freundin mit der Tradition aufhörte, machte ich bei mir zuhause weiter. Den Tag für das Zubereiten trage ich mir immer in die Agenda ein. Die Utensilien dieses eine Mal im Jahr aus dem Schrank zu holen, die Schindeln, die Bürste, die Gefässe, bereits das ist etwas Schönes. Und das Zubereiten ist jedes Mal wieder etwas Besonderes. Zuerst dieses Wilde, wenn man den Teig auf den Tisch hinabschmettert. Dann das Difficile, wenn man den Teig nach Omama Schüfelis Methode faltet und auswallt, nicht zu viel, nicht zu wenig. Anschliessend das Mehl vom Teig abbürsten mit der alten Bürste meiner Freundin. Der dünne Teig fühlt sich dann schön kühl und fein an auf den Händen. Am Schluss wird es ein bisschen aufregend, wenn man die Chüechli in der heissen Butter kocht, nur wenige Sekunden, sonst werden sie zu dunkel. Mit Schindeln, die ich noch von meiner Grossmutter habe, fischt man sie dann raus. Etwas Zucker darauf streuen, in Stapeln von sechs auf die Teller legen, dann sind sie fertig.

Ich finde es sehr schön, wie simpel das alte Rezept ist: Eier, Rahm, Mehl, Salz. Mit der Methode von Omama Schüfeli, viel Sorgfalt und Zeit ergibt es daraus etwas Kostbares, das man nirgends sonst kaufen könnte. Die Läden machen das Gebäck viel dicker, sonst würden sie ja gleich zerbrechen.

Weil sie so zerbrechlich sind, ist das Ausliefern immer eine besondere Herausforderung. Vor vielleicht dreissig Jahren haben wir gemerkt: mit den Plastikschachteln für die Fasnachtschüechli aus dem Supermarkt geht das ganz gut. Seit da liefern wir sie mit ein und denselben Behältern aus. Ich bekomme sie jeweils später im Jahr wieder zurück, wenn ich meine Weihnachtsguetzli vorbeibringe.

Den Grossteil der Fasnachtschüechli verschenken wir und natürlich bekommt meine Freundin jedes Jahr ebenfalls eine Portion. Einmal traf ich sie dafür in einem berühmten Restaurant. Wir haben dem Koch ein Chüechli zum Probieren gegeben und er sagte: die sind aber saugut. Das hat mich natürlich gefreut.

Ich empfinde bei all dem eine starke Kontinuität. Es ist dieser einzigartige Faden, der weitergesponnen wird. Das gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit. Manchmal helfen mir Leute, das ist einfach lustiger. Aber selbst wenn ich es allein mache, habe ich immer noch das Gefühl, in einem Zusammenhang zu stehen, zu einer Tradition und den Menschen, die damit verbunden sind.

Wenn meine Freundin einmal nicht mehr da ist, dann mache ich trotzdem weiter. Aber nicht nur für mich selbst, es gehört schon dazu, dass es jemand gerne hat. Ich habe eigentlich gedacht, dass die Tradition mit mir endet. Aber vielleicht stimmt das ja nicht.

Mutter und Sohn frittieren Fasnachtschüechli
Fasnachtschüechli über Pfanne