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In 25 Monaten und fünf Tagen reiste ich auf dem Landweg von Kreuzlingen nach Mumbai. Die erste Etappe ging via Moskau in die Mongolei. Dann weiter durch China, Taiwan, Tibet und Nepal und schliesslich nach Indien. Einige der Länder, die ich besuchte, gelten als sogenannte Entwicklungsländer.

Nach meiner Rückkehr begann ich ein Studium an der Uni Zürich und machte gleich eine steile Karriere im Studierendenverband. Im ersten Semester, an der ersten Sitzung, wurde ich in den Vorstand gewählt. Ich wollte mich für Nachhaltigkeit engagieren und fand schnell Kompliz*innen. An der Universität Basel hatten die Student*innen Nachhaltigkeitstage durchgeführt. Wir dachten: Das können wir auch, aber wir machen eine ganze Nachhaltigkeitswoche draus.

Ich rief Alt-Bundesrat Leuenberger an, ob er beim Podium dabei sein mag. Was für eine Überraschung: Er nahm tatsächlich das Telefon ab und sagte spontan zu. Da war uns klar: Jetzt müssen wir Gas geben. Zusammen mit Student*innen der ETH Zürich organisierten wir über dreissig öffentliche und kostenlose Veranstaltungen. Wir wollten auch direkt Einfluss auf die Universität nehmen, dass sie eine Person benennen, die für Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Wir haben stark lobbyiert, mit allen Prorektor*innen gesprochen, und tatsächlich klappte es. Im zweiten Jahr stellte die Universität den neuen Nachhaltigkeitsbeauftragten vor. Unterdessen hat die Nachhaltigkeitswoche Zürich bereits das zehnjährige Jubiläum gefeiert, längst ohne mich.

Ich bin jetzt bei Public Eye. Wir setzen uns dafür ein, dass Schweizer Unternehmen und Politik ihre Verantwortung zur weltweiten Achtung der Menschenrechte wahrnehmen. Kürzlich lancierten wir eine Kampagne für den Ausstieg der Schweiz aus dem Kohlenhandel. Unsere Freiwilligen in Winterthur haben sich als Minenarbeiter*innen ausgegeben und schoben Schubkarren voller Kohle, besteckt mit Schweizer-Fähnchen, durch die Stadt. Das schuf grosse Aufmerksamkeit.

Viele Schweizer Unternehmen und die Schweizer Politik verletzen im Ausland Menschenrechte. Wenn ich freie Hand und genügend Ressourcen hätte, würde ich die Schweiz als Entwicklungsland definieren. Ich bin überzeugt, dass eine gerechte und zukunftsfähige Welt möglich ist. Die Schweiz muss sich weiterentwickeln und ihre Verantwortung weltweit wahrnehmen. Denn globale Gerechtigkeit beginnt bei uns!