«Was genau soll das jetzt mit dieser SoLaWi?»
Solidarische Landwirtschaft, ist das so was wie eine Gemeinschaft? Schon vor der Übernahme des Huebhofs haben wir an der Chilbi einen Stand gemacht, um uns in Schwamendingen zu vernetzen. Es hat schon für Gesprächsstoff gesorgt, wer die neuen Pächter*innen des städtischen Bauernhofs sind. Von unserem Dreierteam ist niemand auf einem Bauernhof aufgewachsen und eine Familie mit Kindern sind wir auch nicht, wir entsprechen also nicht dem traditionellen Bild. Bettina forschte zu nachhaltiger Bodenbewirtschaftung in Tadschikistan and baute die Milchkooperative Basimilch auf. Rikki ist unser Obstexperte und bringt die Bauernhoferfahrung mit. Ich habe Gemüsebau gelernt und habe verschiedene Gemüseäcker bewirtschaftet.
Viele Leute aus dem Dorf spazieren täglich mit ihren Hunden am Huebhof vorbei, so lernt man sich mit der Zeit kennen. Beim fünften Mal macht dann vielleicht jemand ein Gemüseabo bei uns. Damit bekommst du jede Woche einen Anteil des produzierten Gemüses und du hilfst jedes Jahr ein paar Mal auf dem Hof mit. Der Huebhof ist ein Gemeinschaftsprojekt. Dort jätet gerade ein Mitglied den Kräutergarten. Eine Frau kommt regelmässig und füttert die Enten. Diesen schönen Blumenstreifen hier hat jemand auf eigene Faust angepflanzt, ich habe nur am Anfang ein bisschen Fachwissen dazugegeben. Es gibt viele schöne gemeinsame Momente, Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge auf dem Acker oder wenn wir alle zusammen die Kühe auf die Weide treiben.
Am meisten freut mich, wenn ich richtig viel cooles Gemüse ernten kann. Wenn wir dann am Freitag die Taschen füllen und das Auto voller Gemüse zu den Mitgliedern losschicken, fühlt sich das einfach gut an. Ich kenne alle, die mein Gemüse essen. An einen Supermarkt zu liefern, wo das Gemüse vielleicht noch in der Biogasanlage landet, darauf hätte ich gar keinen Bock. Dank des Abosystems bin ich nicht unter Druck, eine bestimmte Menge eines bestimmten Gemüses zu liefern oder immer alles im Angebot zu haben. Ich kann frei gestalten, was ich anbaue. Natürlich höre ich auf die Bedürfnisse der Mitglieder. Aber ich darf eben auch erklären, dass es ökologisch zum Beispiel keinen Sinn macht, immer nur Rüebli anzubauen.
Wenn es plötzlich viel regnet, sorgen sich die Menschen: "Ui, ich habe an euch und die Tomaten gedacht". Oder: "Wie geht es jetzt den Randen, die ich gejätet habe?». Letztes Jahr hatten wir sehr viel Obst und Tomaten. Ein anderes Jahr haben wir vielleicht Pech mit Spätfrost oder einem Pilz. Dieses Risiko teilen wir mit unseren Mitgliedern und deshalb heisst diese Landwirtschaftsform auch solidarisch.
Im letzten Juni war es so nass, alles Gemüse ist uns versoffen oder wurde von den Schnecken abgefressen. Ich musste all diesen Leuten schreiben, dass wir einfach nichts liefern können. Es ist mir sehr schwergefallen. Aber niemand hat sich beklagt. Einfach niemand, es hat nicht ein blödes Wort gegeben. Im Gegenteil, ich bekam sogar Mitleid, dass ich jetzt so etwas Unangenehmes kommunizieren musste. Diese Solidarität finde ich einfach das Wertvollste.
Viele Menschen wünschen sich wieder einen stärkeren Bezug zu Lebensmitteln, Tieren, zur Natur. Trotzdem ist solidarische Landwirtschaft eine Nische. Ich würde den Huebhof gerne mit noch vielen anderen Menschen teilen. Ideen für Zusammenarbeit gibt es viele, mit Schulen, Vereinen oder Gemeinschaftszentren. Gerade in Schwamendingen gibt es ja auch ganz viele Nationalitäten. Könnten wir nicht eine Art Volksküche machen, in der wir die verschiedenen Esstraditionen am Huebhof aufleben lassen? Es gibt noch so viele Möglichkeiten.
