Ich finde Mathematik und die Natur wunderschön. Wenn sich ein Blatt im Wind bewegt, kann ich die Bewegung sofort in eine Differentialgleichung übersetzen. Aber natürlich mache ich das nicht die ganze Zeit.
Viele Mathematiker sind eigentlich an Nachhaltigkeit interessiert. Sie wissen einfach häufig nicht, wie sie Mathematik dafür nützlich machen können.
Als ich in Singapur am Zentrum für Quantentechnologie angestellt wurde, dachte ich zuerst, dass ich zu Quantentechnologie forschen würde. Aber dann entschied ich mich, etwas mit Klimawandel zu tun. Der Direktor sagte, klar, das geht auch. Also begann ich mich das erste Mal wirklich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen. Es geht mir nicht darum, komplett den Kurs zu wechseln, sondern meine Fähigkeiten für diesen unglaublich wichtigen Zweck zu verwenden.
Ich möchte unsere mathematische Sprache nutzen, um reale Netzwerke zu verstehen. Zum Beispiel Smart Grids, in die jeder Haushalt den eigenen Strom einspeisen kann. Oder sogenannte Food Webs, die den Kohlenstoffkreislauf beschreiben, wenn Tiere andere Tiere oder Pflanzen essen. Und es gibt dutzende andere solche Beispiele. Zusammen mit Expert*innen aus anderen Gebieten können Mathematiker bei der Lösung von Millionen von Problemen helfen: bessere Klimavoraussagen, bessere Batterien, bessere Social Media und so weiter.
Unsere Arbeit wird noch nicht so häufig praktisch angewendet, wie ich das gerne möchte. Aber ich sehe das so: Die Leute an der Front versuchen, die Dinge jetzt sofort zu ändern. Aber für gewisse Herausforderungen für das menschliche Überleben muss man komplett neu über unsere Zivilisation nachdenken. Das passiert nicht von heute auf morgen. In diesen langfristigen Projekten können wir Mathematiker nützlich sein.
Die Leute denken manchmal, dass sie weniger kreativ sind, wenn sie älter werden. Aber die Forschung zeigt, dass es nicht eine Frage des Alters ist, sondern wie lange man schon am immer gleichen Thema dran ist. Zuerst wirst du zwar besser und besser. Aber irgendwann denkst du, du weisst schon alles und wirst engstirnig. Ich sage manchmal, dass mich es mich wieder viel jünger gemacht hat, mich etwas Neuem zuzuwenden. Ich verbringe viel Zeit in Online-Chats mit anderen Mathematikern oder Computerwissenschaftlern. Meist jungen, sehr motivierten Leuten, die ebenfalls reale Anwendungen entwickeln möchten.
Die Welt wird nicht einfach untergehen. Ich denke auch nicht, dass die Menschheit aussterben wird. Zuerst tönt das vielleicht gut, aber es bedeutet eben auch, dass die Dinge nicht einfach aufhören werden. Die Situation kann auch noch viel, viel schlechter werden. Wir dürfen nicht aufgeben und müssen weiterhin unser Bestes geben.
